Wenn Sie zur privaten Altersvorsorge beraten, sind Ihnen sicher einige der typischen Fehleinschätzungen Ihrer Kunden in Bezug auf die gesetzliche Rente bekannt. Klar ist: Derzeit liegt das Rentenniveau bei ca.
48 Prozent des letzten Einkommens vor Steuern. Und dies gilt nur für sogenannte Eckrentner, die mind. 45 Jahre Rentenversicherungsbeiträge aus dem Durchschnittseinkommen aller Rentenversicherten geleistet haben.
Da in Deutschland die gesetzliche Rente nicht kapitalgedeckt ist, sondern im Umlageverfahren ausgezahlt wird, ist bei der sich weiter verschärfenden demographischen Entwicklung eine private Altersvorsorge unerlässlich.
Unser Überblick gibt Ihnen die besten Argumente zur Hand, um typische Kundenirrtümer zur Rente rasch auszuräumen und auf die wesentlichen Punkte Ihrer Beratung zu sprechen zu kommen – wie die Rentenlücke bestmöglich verringert werden kann.
Irrtum 1: Die gesetzliche Rente ist steuerfrei.
Das war einmal so. Aber seit Einführung des Alterseinkünftegesetzes im Jahr 2005 wird auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Seitdem wird Schritt für Schritt jedes Jahr ein immer größerer Anteil der Rente steuerpflichtig. Dieser Umstellungsprozess ist im Jahr 2040 abgeschlossen, dann sind 100 Prozent der Rente zu versteuern. Im Gegenzug dazu sind die Rentenbeiträge, die Ihre Kunden als Beschäftigte einzahlen, seit 2023 zu 100 Prozent steuerfrei.
Aktuell, im Jahr 2023, werden 83 Prozent der Rente besteuert. Der Rentenfreibetrag, also der Teil der Rente, der nicht versteuert werden muss, bleibt während des gesamten Rentenbezugs gleich. Ein Beispiel: Geht Ihr Kunde in diesem Jahr in Rente, dann verfügt er über einen Freibetrag von 17 Prozent, muss also fortwährend 83 Prozent der Rente versteuern.
Irrtum 2: Das Rentenniveau bestimmt die Höhe der Rente.
Anders als viele Kunden meinen, ist das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent nicht gleichbedeutend damit, dass sie 48 Prozent von ihrem letzten Brutto- oder Nettolohn als Rente erhalten. Das Rentenniveau ist eine Rechengröße. Sie zeigt lediglich das Verhältnis der Standardrente zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten an. Die Standardrente erhalten Rentner dann, wenn sie 45 Jahre lang immer den aktuellen Durchschnittslohn verdient haben und darauf Rentenbeiträge gezahlt haben. Das kommt aber in der Praxis selten vor.
Das Rentenniveau ist auch ein Indikator dafür, inwieweit Menschen im Ruhestand am allgemeinen Wohlstand teilhaben. Wenn das Rentenniveau sinkt, wird die Rente von Löhnen und Wohlstandsgewinnen abgekoppelt. Das aktuelle Rentenniveau ist bis zum Jahr 2025 garantiert.
Irrtum 3: Vor allem das Einkommen der letzten Erwerbsjahre entscheidet über die Rentenhöhe.
Falsch, denn der Rentenanspruch Ihrer Kunden errechnet sich gleichermaßen aus den gesamten Beitragsjahren. Die im Lauf des Erwerbslebens gesammelten Rentenpunkten bestimmen die Höhe der Rentenzahlung. Dafür ist das Durchschnittsgehalt aller Arbeitnehmer die Grundlage.
Verdient ein Arbeitnehmer in einem Jahr genau das Durchschnittsgehalt, erhält er einen Entgeltpunkt. Verdient er weniger oder mehr erhält er prozentual anteilig entsprechend weniger oder mehr Entgeltpunkte.
Der Wert eines Entgeltpunktes wird einmal jährlich, jeweils zum 1. Juli angepasst. Für 2023 liegt er bei 37,60 Euro bundesweit. In früheren Jahren gab es noch unterschiedliche Werte für West- und Ostdeutschland.
Irrtum 4: Die Rente kommt automatisch.
Keinesfalls, Ihre Kunden müssen dazu einen Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) stellen. Dazu reicht in der Regel ein kurzer schriftlicher Hinweis. Allerdings sollte der Antrag mindestens drei Monate vor Rentenbeginn bei der DRV eingereicht werden.
Irrtum 5: Die Rentenversicherung verfügt bereits über alle notwendigen Daten.
Davon sollten Ihre Kunden nicht ausgehen. Zwar erhält die Rentenversicherung insbesondere bei Angestellten viele Informationen automatisch. Dennoch kann das Rentenkonto Lücken aufweisen. Das können etwa Kindererziehungszeiten oder Fortbildungen sein. Ihre Kunden sind selbst dafür verantwortlich, Lücken ihres Rentenkontos zu schließen, ansonsten fällt ihre Rente geringer aus.
Die DRV meldet sich zwar regelmäßig bei Ihren Kunden – erstmals, wenn diese 43 Jahre alt sind – und versendet ab 55 alle drei Jahre eine Rentenauskunft mit persönlichem Versicherungsverlauf. Darauf sollten Ihre Kunden aber nicht warten. Eine Kontenklärung kann jederzeit bei der DRV beantragt werden, zum Beispiel über die Online-Dienste auf der DRV-Homepage.
Irrtum 6: Wer 45 Jahre Beiträge gezahlt hat, darf ohne Abschläge in Rente gehen.
Das stimmt so nicht mehr. Denn im Jahr 2014 wurde die Rente ab 63 Jahren eingeführt. Seitdem können nicht mehr alle Beschäftigten nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei mit 63 in Rente gehen. Für Ihre ab 1953 geborenen Kunden erhöht sich die Altersgrenze: und zwar um zwei Monate mit jedem weiteren Jahrgang. Das heißt, Ihre Kunden ab Jahrgang 1964 können die abschlagsfreie vorzeitige Rente erst mit 65 Jahren genießen.
Irrtum 7: Ein Hinzuverdienst zur Rente ist ohne Abzüge möglich.
Das ist richtig. Rentner können seit dem 1. Januar 2023 beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Denn das Ende der Erwerbsphase und der Rentenbeginn sollen stärker voneinander entkoppelt werden. Dies gilt nicht nur für Frührentner, sondern auch für Rentner, die regulär in den Ruhestand gehen. Die früher für sie festgelegte Hinzuverdienstgrenze von jährlich 6.300 Euro ist nicht mehr in Kraft.